Grundlagen des Ringkampfs


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Es gibt keine Leibesübung bei der alle Glieder und Muskeln so gleichmäßig in Anstrengung gebracht werden wie beim Ringen. Nichts ist gymnastischer als Ringen." 

Friedrich Ludwig Jahn ("Turnvater Jahn")
 

turnvater JahnWie Jahn richtig feststellt, ist Ringen eine Sportart, die den Körper vielfältig beansprucht. Es gibt prinzipiell keine bevorzugten Körperpartien wie beim Fußball oder Rudern. Die Herausforderung im Ringkampf liegt vielmehr darin, den gesamten Bewegungsapparat aufeinander abzustimmen. Es geht vordergründig nicht darum, den Gegner im Wettkampf allein mit Kraft zu bezwingen. Das „gleichmäßige in Anstrengung“ bringen,  das Turnvater Jahn meint, ist das ideale Zusammenspiel aller Körperteile unter den Gesichtspunkten der Koordination, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Ausdauer. Es ist aber auch klar, dass diese hohen körperlichen Voraussetzungen wirkungslos bleiben, wenn man nicht die nötige gleichmäßige Anstrengung im Geist hat: ohne Mut wird man sich keinem Kampf stellen und ohne taktisches Kalkül keinen überstehen.

 

So kann ich beim Ringen siegen

Das schnellste Mittel, über einen Gegner zu siegen ist der Schultersieg. Dabei wird der Kontrahent ca. 3 Sekunden so auf der Rückenlage gehalten, dass dessen Schultern gleichzeitig die Matte berühren. Diese Möglichkeit birgt allerdings die Schwierigkeit, dass die ganze Verteidigung des Gegners darauf abzielt, nicht auf den Schultern „zu landen“. Vom Kinderbereich abgesehen, ist der Schultersieg daher eher die Ausnahme.

Die Regel ist ein technischer Sieg:  für jede regelkonforme Technik gibt es eine feste Anzahl von Punkten (1, 2, 3 und 5), die nach jeder Kampfrunde zusammengezählt werden. Jede Kampfrunde dauert 2 Minuten und erlaubt im Anschluss eine Pause von 30 Sekunden. Gewinnt ein Ringer zwei Kampfrunden durch eine höhere Punktzahl, hat er gewonnen. Gewinnt je einer der Kontrahenten eine Kampfrunde, kommt es zu einer dritten, entscheidenden Runde.

Eine Sonderform des technischen Sieges ist die „Technische Überlegenheit“. Sie wird einem Ringer in einer Kampfrunde zugesprochen, wenn er mindestens 6 Punkte Vorsprung hat, er zwei 3er Wertungen oder eine 5er Wertung macht. Die Runde ist dann sofort gewonnen und beendet. Gewinnt der Ringer beide Siegrunden durch „Technische Überlegenheit“ erhält er in der Wettkampfwertung eine höhere Punktzahl gutgeschrieben.   

Schultersieg

Schultersieg

Die zwei Stilarten des Ringens

Im griechisch-römischen Ringkampf (auch Greco oder klassisch genannt) dürfen nur Griffe und Techniken oberhalb der Gürtellinie angesetzt werden. Jegliche Arbeit mit den Beinen gilt hier als regelwidrig. Aus diesem Grund ist die Kampfstellung aufrecht, weil man die Beine nicht vor Angriffen schützen muss. Die bevorzugten Angriffstechniken sind andere und der Kampfablauf unterscheidet sich in einigen Details vom Freistil. 

Typisch für diese Stilart sind hohe Würfe über den Rücken oder die Brust. Sie treten bevorzugt im griechischem Kampf auf, weil es dem Gegner nicht möglich ist, sie mit Beinblockaden zu stören.

Im Gegensatz zum griechisch-römischen Ringkampf sind beim Freien Ringkampf (Freistil) auch Angriffe unterhalb der Gürtellinie erlaubt. Weil nun auch die eigenen Beine verteidigt werden müssen, ist die Kampfhaltung wesentlich abgebeugter. Durch die Möglichkeit, die Beine aktiv zu nutzen, werden in dieser Stilart meist mehr Techniken angewendet als beim griechisch-römischen Stil.  

Generell gibt es keine Bevorzugung einer Stilart: beide werden im Training eingeübt. Erst im Zuge der ringerischen Entwicklung und einer fortlaufenden Spezialisierung stellt sich die eine oder die andere Stilart als Präferenz eines Ringers heraus. 

Die Turniere der Mädchen und Frauen werden allerdings nur im freien Stil ausgetragen.

kampfstellung klassisch freistil

Kampfhaltung im klassischen Stil (links) und die gebeugte Haltung im Freistil (rechts). 

Was ist verboten und was erlaubt?

Im Gegensatz zur Rauferei auf dem Schulhof ist Ringen ein fairer Kampfsport nach festen Regeln. Jeder Kampf beginnt und endet mit einer Begrüßung oder Verabschiedung des Kampfrichters und des Gegners. Reden, mutwilliges Kratzen, beißen, treten, schlagen, an den Haaren ziehen und Hebeltechniken gegen die Gelenke sind verboten. Im Unterschied zum „Alles-ist-erlaubt-Kampf“ liegt der Reiz des Ringkampfs gerade in den limitierten Techniken, die zu taktischen Überlegungen, ausgefeilten Kombinationen und weiterem Training der erlernten Fertigkeiten zwingen. 

Die Auswahl an Techniken ist riesig und jeder Ringer beherrscht neben den Grundtechniken nur ein paar weitere, spezielle. Hauptsächlich kommen Würfe, Rollen, Beinangriffe und Hebel zum Einsatz. Jede Technik besteht aus einer oder mehreren speziellen Bewegungsabläufen und den dazugehörigen Abwehrmöglichkeiten. 

In der Abstimmung des richtigen Zeitpunktes, der schnellen, koordinierten und kraftvollen Durchführung einer Technik liegt die Kunst des Ringens.

 

Einzelkampf als Mannschaftssport?

Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen der Ringkampf traditionell auch als Mannschaftsport gepflegt wird. Die Organisation ist mit dem Ligabetrieb des Fußballs vergleichbar, nur dass sich die Zusammenstellung der Ligen aus anderen Regionen ergibt.  

Jede Mannschaft besteht aus 10 Kämpfern, die auf die verschiedenen Gewichtsklassen verteilt sind. In einer festen Ordnung kämpft an einem Kampftag der jeweilige Vertreter je Gewichtsklasse gegen den der anderen Mannschaft. Beispielsweise kämpft der Ringer in der 55kg - Gewichtsklasse aus Berlin gegen den Gegner der gleichen Gewichtsklasse aus Frankfurt, später kämpfen die Ringer in der Gewichtsklasse bis 60 kg gegeneinander usf. Die Einzelkämpfe werden wiederum nach einem Punktesystem gewichtet und am Ende des Kampftages die Punktstände der Mannschaften verglichen. Das Team mit den meisten Punkten auf dem Mannschaftskonto gewinnt den Kampf.

Ausschnitte eines Mannschaftskampfes der 1. Bundesliga, Saison 2011/12 bei Berlin-Luftfahrt.

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